Dritter Weg

Mahnwache vor dem Diakonischen Werk Mitteldeutschland (Bundesländer Thüringen, Sachsen)

Während im benachbarten Niedersachsen ver.di mit der Diakonie über den Weg zu einem ordentlichen Tarifvertrag erfolgreich verhandeln konnte, herrschen in der Evangelischen Kirche Mitteldeutschland noch vordemokratische Verhältnisse.

Am 24.05.2013 tagte im Diakonischen Werk Mitteldeutschland in Halle ein ominöser Schlichtungsausschuss um per Zwangsschlichtung die von der dortigen sogenannten Arbeitsrechtlichen Kommission vorgenommenen Lohnabsenkungen abzusegnen. Der Gesamtausschuss der MAVen hat versucht, über eine "Einwendung" das Schlimmste zu verhindern. Näheres zum Ergebnis dieser Verhandlung ist nicht bekannt.

Wir veröffentlichen die Berechnungen der Mitarbeitervertretungen, die zum Schlichtungstermin vorgelegt wurden hier.

Niemand weiß allerdings genau, was für die 26 000 Beschäftigten in der Diakonie Mitteldeutschland verbindlich gilt. Transparenz wie die Synode der EKD gefordert hat sieht anders.  

Heidelberg: Streik in den Betrieben der evangelischen Stadtmission




Die Beschäftigten aus der evangelischen Stadtmission Heidelberg haben vom 15.-17.5.2013 die Arbeit niedergelegt. Beteiligt haben sich Kolleginnen und Kollegen aus dem Krankenhauses Salem, dem St. Vincentius-Krankenhaus, aus dem Altenpflegeheimen Wilhelm-Frommel-Haus, St. Anna, Philippus oder im Wichernheim. Die Streikenden beschreiben den Streik als vollen Erfolg: Die Anzahl der Streikenden hat sich verdoppelt und die Stimmung war gut, obwohl die Krankenhaus-Geschäftsführung denkbar unkooperativ war und sogar eine Notdienstvereinbarung verweigerte abzuschließen. So mussten Tätigkeiten, die üblicher Weise von Pflegekräften ausgeführt werden, von deren Vorgesetzte oder von Ärzten übernommen und ein Aufnahmestopp verhängt werden. Anlass für die den Streik ist die Weigerung der Stadtmission, einen Tarifvertrag abzuschließen. Thomas Hack von der Betriebsgruppe Stadtmission kommentierte die Beschlüsse der Arbeitsrechtskommission und deren Öffnungsklauseln für Lohnklau: „wir lassen uns die Schlechterstellung nicht als Verbesserung unterjubeln“.

Die gewerkschaftlichen Schwarzen Bretter wurden als feierlicher Schlusspunkt von den Streikenden im benachbarten Haus Philippus und Haus Stammberg aufgehängt. Stadtmission und ver.di haben sich im Rechtstreit um die Schwarzen Bretter in der Altenhilfe verglichen: in alle Einrichtungen der Stadtmission können jetzt gewerkschaftliche Bretter aufgehängt werden und bestückt werden (Zutrittsrecht). In Baden sind zwischen die Schwarzen Bretter ein Symbol für das gewerkschaftliche Betätigungsrecht und freie Meinungsäußerung geworden.

Alle Fotos wurden zur Verfügung gestellt von Helmut Roos - vielen Dank!

Direkter Weg statt Dritter Weg - Verfassungsbeschwerde von ver.di

ver.di zieht fürs Streikrecht vor das Bundesverfassungsgericht

ver.di hat gegen die Entscheidung des Bundesarbeitsgerichts (BAG) zum kirchlichen Arbeitsrecht Verfassungsbeschwerde eingelegt. „Weil das Bundesarbeitsgericht beim Arbeitskampfrecht als eine Art Ersatzgesetzgeber fungiert, halten wir es für zwingend notwendig, die vom BAG vorgenommene Einschränkung des Streikrechts für mehr als 1,2 Millionen Beschäftigte verfassungsrechtlich überprüfen zu lassen“, sagte der ver.di-Vorsitzende Frank Bsirske in Berlin. Das BAG hatte in seinem Urteil im November 2012 das kirchliche Selbstordnungsrecht über das Grundrecht auf Streik gestellt. „Auch wenn ver.di aktuell in kirchlichen Einrichtungen streiken darf, wird uns das Streikrecht bei der Umsetzung der vom BAG festgelegten Bedingungen für den Dritten Weg dauerhaft bestritten“, so der ver.di-Vorsitzende. Zur vollständigen ver.di-Pressemitteilung vom 15.4.2013

Die Gründe von ver.di für die Verfassungsbeschwerde und die Bewertung der Begründung des BAG-Urteils sind (neben dem BAG-Urteil) auf der Materialseite zu finden oder können hier als PDF (176 KB) heruntergeladen werden.

Diakonie leugnet aufgedeckte Probleme

Am 28.01.2013 sendete ARD die Dokumentation "Arbeiten für Gottes Lohn. Wie die Kirchen ihre Sonderrechte ausnutzen." Der Film kann momentan in der ARD Mediathek angesehen werden.

Das ist nicht der erste Filmbeitrag, in dem deutlich bewiesen wird, welche Probleme das kirchliche Sonderarbeitsrecht für Arbeitnehmer zur Folge hat. Bemerkenswert ist die Reaktion der Pressesprecherin der Diakonie, Frau Burbach-Tasso, auf den Film: Die Filmautorin Gita Datta hätte nicht ergebnisoffen recherchiert, sondern eine vorgefertigte These bestätigt haben wollen. Das ist umso erstaunlicher, als trotz mehrfacher Anfrage die Spitzenvertreter der Kirchen wie auch des Diakonischen Werks der EKD nach Aussage der Filmautorin zu Interviews nicht bereit gewesen sind und auch eine Drehgenehmigung in einigen Einrichtungen verweigert wurde.

Eine Übersicht über die Pressereaktionen zu dem Dokumentarfilm ist auf der Website der AG MAV zu finden.

Bayrische MAVen gegen den Dritten Weg

Über 100 Mitarbeitervertreter_innen der bayrischen Diakonie diskutieren mit dem Diakoniepräsident Bammessel und verdi Fachbereichsleiter Schirmer über das Streik-und Tarifrecht. Die anwesenden Interessenvertreter konfrontierten den Diakoniechef mit der harten Arbeitsrealität in diakonischen Einrichtungen, wie dieser es wohl lange nicht mehr zur Kenntnis nehmen musste. Dominik Schirmer von verdi Bayern hob die Grundsatzfrage beim Streit um den Dritten Weg mit den Kirchen hervor: Die Kirche opfere sinnvolle sozialpolitische Lösungen um den Preis einer (fragwürdigen) Selbstbestimmung. Eine sichere Lösung des jetzt zersplitterten kirchlichen Arbeitsrechtes ist nur über eine Tarifvertrag möglich, so Schirmer. Er fragte im übrigen danach, warum die Caritas sehr viel stärker an den Tarifvertrag des Öffentlichen Dienstes angelehnt ist und die Diakonie vielfach schlechter bezahlt.

Eine Abstimmung unter den anwesenden Mitarbeitervertreter_innen ergaben übrigens eine überwältigende Mehrheit für das Grundrecht auf Streik, bei ganzen zwei Stimmen für den Dritten Weg. Viele von den Abstimmenden waren keine ver.di Mitglieder. Das sollte sich bald ändern, meint der Autor dieser Zeilen.

Die Nuernberger Nachrichten berichten dazu: Der Dritte Weg führt Kirche und ver.di auseinander

Synode EKD wird ihrer Verantwortung nicht gerecht

Vor einem Jahr verabschiedete die Synode der EKD „Zehn Forderungen zur solidarischen Ausgestaltung des kirchlichen Arbeitsrechts“. Viel wurde seitdem diskutiert, geschrieben und gesprochen. Das Ergebnis ist Magerkost. Wenig bis gar nichts wurde bis heute konkret umgesetzt, das den Namen kirchliches solidarisches Arbeitsrecht verdient. Nicht einmal auf der Tagesordnung der diesjährigen Synode am Timmendorfer Strand findet sich das Thema wieder. Die Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen im Bereich der Diakonie wendet sich deshalb an die Mitglieder der Herbstsynode 2012 mit einer sehr kritischen Stellungnahme. Der Befund ist eindeutig: der „dritte Weg“ funktioniert nicht. Die abhängig Beschäftigten haben in den Strukturen des kirchlichen Sonderarbeitsrechts keine Verhandlungsmacht. Die Bundeskonferenz fordert darum:
- tarifvertragliche Regelungen für die Mitarbeitenden der Diakonie
- Beteiligung an der Normensetzung
- eine durchgehende Legitimation der Mitarbeitendenvertretung
- Beteiligung an der Unternehmensmitbestimmung entsprechend des Zweidrittelgesetzes und des Mitbestimmungsgesetzes
- das Streikrecht für die Mitarbeitenden in der Diakonie

Lohnabsenkungen für PflegehelferInnen in der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe

Das kirchliche Arbeitsrecht, der "Dritte Weg", produziert wieder einmal Ungerechtigkeiten. Die NRZ berichtet in ihrer Printausgabe vom 27.10.2012 unter dem Titel "Angriff auf den Wert der Pflege" von den Lohnabsenkungen für die Pflegehelferinnen in der Diakonie Rheinland Westfalen Lippe.

Eine völlig intransparente Entscheidung der dortigen arbeitsrechtlichen Kommission führt bei vielen betroffenen Kolleginnen zu Ärger und Verwirrung und zu Lohnabsenkungen. Die Strategie der Diakonie, in den unteren Lohngruppen weitere Absenkungen vorzunehmen, um die teuren Fachkräfte besser bezahlen zu können, wird nicht aufgegeben. Den betroffenen Kollegen wird dringend empfohlen, ihren Arbeitsvertrag rechtlich überprüfen zu lassen und natürlich gemeinsam gegen diese Lohnpolitik zu protestieren.

Geht's noch dreister?

Weg mit der Demokratie, damit der Dritte Weg weiter geht. Nur so lassen sich die aktuellen Beschlüsse zum kirchlichen Arbeitsrechtsregelungsgesetz Diakonie (ARRG-D) verstehen. Nach dem Willen der niedersächsischen Kirchenregierung, dem Rat der Konföderation evangelischer Kirchen in Niedersachsen, soll die derzeit nicht bestehende Arbeitsrechtliche Kommission auch ohne Arbeitnehmerbeteiligung rechtsverbindliche Regelungen beschließen können. Kurz gesagt, die Änderung soll es den Diakonie-Bossen ermöglichen Änderungen der AVR-K gegen auch ohne Zustimmung der Beschäftigten durchzudrücken.

Landesbischof Ralf Meister, sagt dazu: "In erster Linie möchten wir sicherstellen, dass auch die Beschäftigten in der Diakonie nun zügig an der allgemeinen Lohnentwicklung teilhaben". Was zum Teufel will der gute Mann uns damit sagen?

Frei übersetzt heißt das, dass der Herr Meister sich eine weitere Durchsetzung von Dumpinglöhnen in der Diakonie wünscht, für die Beschäftigen. Und wenn wir, die Beschäftigten, das nicht so toll finden? Überhaupt gar kein Problem: mit der Änderung des ARRG-D können Herr Meister und seine besser verdienenden Freunde einfach ohne uns entscheiden.

Zu solch undemokratischen Vorgehensweisen, sagen wir nicht Ja und Amen!
Der Dritte Weg ist ein Holzweg. Tarifverträge jetzt!

Quelle: Beitrag der AG MAV: Zur Not gehen wir den 3. Weg auch ohne Arbeitnehmer

Elfenbeinturm Bundessozialgericht

'Auf dem „Dritten Weg“ in die Zukunft?' lautete der Titel einer Veranstaltung im Bundessozialgericht am 11. Juni 2012. Viel zu häufig wurde dort die „herrschende Meinung“ wiedergegeben, dass kirchliche Sonderarbeitsrecht habe seine Berechtigung. Von Realitäten in den kirchlich-diakonischen Unternehmen war wenig die Rede. Umso wichtiger war der Beitrag einer Sprecherin der Bundeskonferenz der Arbeitsgemeinschaft der Mitarbeitervertretungen in der Diakonie der EKD, Beate Eishauer, die sich mit den sozialen Situationen auseinandersetzte. Ihr Aufruf zum gemeinsamen zivilgesellschaftlichen Widerstand wurde vom Publikum zwar gehört, aber weder diskutiert noch weiter konkretisiert.

Wir dokumentieren an dieser Stelle den Vortrag der Kollegin Beate Eishauer.

Grundrechte der Beschäftigten von Kirchen und kirchlichen Einrichtungen stärken

Öffentliche Anhörung im Deutschen Bundestag am 26.03.2012

Die Diskussionen um das kirchliche Sonderarbeitsrecht hat seit geraumer Zeit auch die politische Bühne erreicht. Auslöser war ein Antrag der Linksfraktion im Bundestag mit dem o.g. Titel, der in den Ausschuss für Arbeit und Soziales überwiesen wurde. Dort fand dann eine Anhörung am 26.03.12 statt.

Mit einiger Spannung wurde diese Anhörung innerkirchlich erwartet. Die Zuhörerplätze waren voll besetzt. Als Sachverständige waren juristische Experten, Mitarbeitervertreter und die Verbandsvertreter der evangelischen und katholischen Kirche sowie der Deutsche Gewerkschaftsbund (DGB) eingeladen. Pikanterie am Rande: Die Ev.Kirche ließ sich vom Vorsitzenden des Gesamtausschusses der Mitarbeitervertretungen, Haas, vertreten. Offenbar hält es die evangelische Kirche für nicht erforderlich zu einem zentralen Thema ihrer Arbeitnehmerschaft vor den politischen Parteien des deutschen Bundestages Farbe zu bekennen.

Inhalt abgleichen