Arbeitsrecht

Bischofskonferenz beschließt Änderung des Arbeitsrechts der katholischen Kirche

Kaum Bewegung

Die Vollversammlung des Verbandes der Diözesen Deutschlands (VDD) hat am 27. April Änderungen der „Grundordnung des kirchlichen Dienstes im Rahmen kirchlicher Arbeitsverhältnisse“ beschlossen. Das bisherige Arbeitsrecht der katholischen Kirche sei den Beschäftigten und der Öffentlichkeit „so nicht mehr zu vermitteln“, begründete der Vorsitzende der Bischofskonferenz, Kardinal Reinhard Marx, den Schritt. Die Kirchenspitze hat also selbst gemerkt, dass der vordemokratische und altertümliche Umgang mit Beschäftigtenrechten nicht mehr zeitgemäß ist. Nur: Wirklich etwas ändern will sie daran nicht.

Individuelles Arbeitsrecht

Erst kürzlich hat die Caritas im oberbayerischen Holzkirchen eine lesbische Hortleiterin zu einem Aufhebungsvertrag gedrängt, weil diese eine Lebenspartnerschaft mit ihrer Freundin schließen will. Auch künftig sind solche Fälle nicht ausgeschlossen. Es gibt zwar „keine Kündigungsautomatismen“, wie die Bischöfe in ihrer Pressemitteilung betonen. Unter bestimmten Umständen können Beschäftigte bei einer gleichgeschlechtlichen Lebenspartnerschaft oder einer erneuten standesamtlichen Heirat aber weiterhin entlassen werden, nämlich „wenn diese Handlung nach den konkreten Umständen objektiv geeignet ist, ein erhebliches Ärgernis in der Dienstgemeinschaft oder im beruflichen Wirkungskreis zu erregen und die Glaubwürdigkeit der Kirche zu beeinträchtigen“. Wer entscheidet, ob das der Fall ist? Die Kirche selbst natürlich.

Es bleibt also eine Unsicherheit. Und für katholische Beschäftigte mit „besonderen Aufgaben“, die zum Beispiel „pastoral, katechetisch, aufgrund einer Missio canonica oder einer besonderen bischöflichen Beauftragung tätig sind“, ändert sich nichts. Bei ihnen kann in solchen Fällen von einer Kündigung nur „ausnahmsweise abgesehen werden“.

Damit tangieren die Loyalitätsverpflichtungen in der katholischen Kirche nach wie vor Grundrechte von Beschäftigten (Gleichheitsgrundsatz Art.3 GG, Schutz von Ehe und Familie Art.6 GG, Berufsfreiheit Art.12 GG). Das darf nicht sein. Niemand spricht den Kirchen ihre Regelungsbefugnis im sogenannten Verkündungsbereich ab, etwa bei Pastoren und Diakonen. Doch das bedeutet nicht, dass sie die Arbeitsverhältnisse und Art der Interessenvertretung der mehr als eine Million Beschäftigten in kirchlichen Betrieben nach Gutdünken bestimmen können. Grundrechte gelten für alle – auch für die Beschäftigten der Kirche.

Für ver.di ist daher klar: Eine besondere Loyalitätsverpflichtung darf es für kirchliche Arbeitnehmer/innen nicht geben. Die üblichen gesetzlichen Regelungen reichen aus.

Ver.di TV: Kirche schließt Arbeitsrechte weiter aus

Lohnsklaverei bei Kirche und Diakonie – das kann nicht gottgewollt sein und wird von den betroffenen Angestellten nicht akzeptiert. In Säcke gehüllt und zusammengekettet protestieren sie gegen die neusten Gesetzesentwürfe der Synode der Evangelischen Kirche Deutschland (EKD). Für ihr Streikrecht, für mehr Mitsprache und vor allem: Respekt.


Prozession der Lohnsklaven: Protest mit Gottes Segen.

Dialog auf Augenhöhe, statt Kirchengesetze nach Gutsherrenart

Eilig wird in diesen Wochen an evangelischen Kirchengesetzen gefeilt, die vom höchsten Beschlussgremium der Evangelischen Kirche in Deutschland (EKD), der EKD Synode, ab dem 10. November 2013 in Düsseldorf verabschiedet werden sollen. Eine Verbesserungen substanzieller Rechte für Arbeitnehmer_innen ist darin nicht vorgesehen. Besonders die Diakonie glänzt erneut mit Regelungswerken, die ver.di nach wie vor keine gleichrangige Position im Verhandlungsgefüge zum kirchlichen Arbeitsrecht einräumen. Der Diplom-Theologe und Journalist Christoph Fleischmann kommentiert diesen Schritt der evangelischen Kirche: "Das ist nicht die Waffengleichheit, die das Bundesarbeitsgericht angemahnt hatte." Weitere Informationen sind auf der Website der AG MAV zu finden.

Studie zu Diskriminierungen im kirchlichen Arbeitsrecht veröffentlicht

Gern empfehlen wir die Studie des IBKA e.V., die Diskriminierungen im kirchlichen Arbeitsrecht untersucht. Aus der Pressemitteilung des IBKA e.V.:

Der Internationale Bund der Konfessionslosen und Atheisten (IBKA) veröffentlicht heute auf seiner Webseite die Ergebnisse einer Studie zu Auswirkungen des diskriminierenden kirchlichen Arbeitsrechts. Vorab hatte das ARD-Politmagazin Panorama bereits einige Details aufgegriffen und Studienleiterin Corinna Gekeler interviewt. „Die Kirchen setzen sich über die Menschenrechte auf Glaubens- und Gewissensfreiheit und auf Privatleben hinweg. Und die Politik schaut zu, statt die Beschäftigten vor Diskriminierung zu schützen“, findet die Politologin. In ihrer Untersuchung stellt sie exklusiv 35 Fälle von direkt durch Diskriminierung Betroffenen vor und wertet zahlreiche weitere, bereits bekannt gewordene Fälle aus. Die Berichte belegen, wie die kirchlichen Sonderrechte Bewerbungsprozesse sowie Arbeitsalltag und Privatleben prägen. Zur Studie.

Kirchliches Arbeitsrecht im 21. Jahrhundert

Die grüne Bundestagsfraktion veranstaltet am 02. November 2012  ein öffentliches Fachgespräch zum „kirchlichen Arbeitsrecht im 21.Jahrhundert“ in Berlin im Bundestag. Das vollständige Programm und Hinweise zur Anmeldungen können hier (pdf) heruntergeladen werden.

Unterstützungsschreiben der Fraktion Bündnis 90/Die Grünen

Streikrecht ist ein Grundrecht – zum Dritten Weg der Kirchen im Arbeitsrecht
 
Zum Beschluss des Arbeitsrechtsregelungsgrundsätzegesetzes durch die Synode der Evangelischen Kirche Deutschlands erklärt Beate Müller-Gemmeke, Sprecherin für Arbeitnehmerrechte der Bundestagsfraktion von Bündnis 90/Die Grünen:
 

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