Arbeit auf Zeit - auch bei Diakonie und Caritas

In den Wohlfahrtsverbänden bekommen Beschäftigte überdurchschnittlich oft nur einen befristeten Arbeitsvertrag. Das belegt eine Studie des Instituts für Arbeitsmarkt- und Berufsforschung, die außerdem zeigt: Kirchliche und freigemeinnützige Arbeitgeber übernehmen Auszubildende viel seltener als Privatwirtschaft und öffentlicher Dienst.
Eigentlich sollte das Forschungsinstitut der Bundesagentur für Arbeit vor allem herausfinden, wie groß das Problem befristeter Arbeitsverhältnisse bei Bund, Ländern und Kommunen ist. Darauf hatten sich Arbeitgeber und Gewerkschaften in der Tarifrunde 2014 geeinigt. Doch die zu Jahresbeginn veröffentlichte Untersuchung zeigt nicht nur, dass Befristungen im öffentlichen Dienst sehr häufig sind, sondern auch im sogenannten Dritten Sektor, der vor allem aus den Wohlfahrtsverbänden kirchlicher oder freigemeinnütziger Trägerschaft besteht.

Im öffentlichen Dienst liegt der Befristungsanteil demnach um drei Prozentpunkte, im Dritten Sektor gar um fast fünf Prozentpunkte über dem der Privatwirtschaft. 2014 erhielt nur einer von drei Neueingestellten bei den Wohlfahrtsverbänden einen unbefristeten Vertrag. Im öffentlichen Dienst waren es knapp 40, in der Privatwirtschaft gut 60 Prozent. Lediglich an den Hochschulen – wo die Befristung laut IAB als »Normaleinstellungsverhältnis« bezeichnet werden kann – ist die Quote noch mieser als in der Wohlfahrt.

Weniger als ein Zehntel der Befristungen bei Diakonie, Caritas und anderen Verbänden dient der Deckung eines kurzfristigen Bedarfs von unter sechs Monaten. Über ein Drittel dieser Arbeitsverträge laufen länger als ein Jahr, knapp acht Prozent sogar länger als zwei Jahre. Das zeigt: Die Verbände setzen Befristungen nicht nur bei vorübergehenden Engpässen ein, sondern als Teil ihrer strategischen Personalplanung. Der Anteil sachgrundloser Befristungen ist zwar – ebenso wie im öffentlichen Dienst – niedriger als in privaten Unternehmen, er ist seit 2004 aber massiv gestiegen. Statt in seinerzeit knapp 20 Prozent wird nun in mehr als 35 Prozent der befristeten Verträge kein sachlicher Grund wie Schwangerschafts- oder Elternzeitvertretung angegeben.

Die Folgen der Befristungspraxis für die Betroffenen sind in dem IAB-Report kein Thema. Klar ist aber: Sie sind gravierend. Wer eine befristete Anstellung hat, lebt mit ungewisser Zukunft. Er traut sich zumeist weniger, seine Rechte in Anspruch zu nehmen, sich für seine Interessen einzusetzen. Das macht es auch den betrieblichen Interessenvertretern und Gewerkschaften schwer, diese Menschen zu organisieren.
Ein weiteres bemerkenswertes Ergebnis der IAB-Studie ist die vergleichsweise hohe Personalfluktuation in den Wohlfahrtsverbänden. Sie ist deutlich höher als im Staatsdienst, wenn auch niedriger als in der Privatwirtschaft. Geradezu erschreckend sind die IAB-Zahlen zur Übernahme: Nur gut 47 Prozent der Auszubildenden wurden nach erfolgreicher Abschlussprüfung in ein Arbeitsverhältnis übernommen. Im öffentlichen Dienst waren es immerhin 65, in der Privatwirtschaft über 67 Prozent. Zudem erhielt mehr als die Hälfte der übernommenen Azubis bei freigemeinnützigen und kirchlichen Trägern nur einen befristeten Vertrag. Zukunftsorientierte Fachkräftegewinnung sieht anders aus.

Daniel Behruzi

Die IAB-Studie kann auf der IAB-Website heruntergeladen werden.