Ist der Glaube heilig oder kann man den outsourcen?

Der größte katholische Arbeitgeber in Deutschland, die Marienhausstiftung, scheint das zu können.

Das Netzwerk Kirche in Aachen unterstützt auf seinem Pilgerweg zur Heiligtumsfahrt die Forderung der Beschäftigten im Schwertbad in Aachen Burtscheid. „Schwertbad muss bleiben“ tragen die Beschäftigten auf ihren Buttons durch die Straßen von Aachen. Etliche Geistliche und viele katholische Bürger von Aachen schließen sich der Forderung nach Erhalt des Schwertbads an. Das ver.di-Flugblatt herunterladen.

Nach langen zähen Verhandlungen mit der Gewerkschaft ver.di wurde die Möglichkeit für den Abschluss eines Tarifvertrages für die Beschäftigten des Schwertbads gefunden. Die Arbeitnehmerseite zeigte sich –so auch die öffentlichen Äußerungen des Arbeitgebers- konstruktiv und kompromissbereit, denn sie sah mit dem Abschluss eines Tarifvertrages den Einstieg in eine gerechte Vergütung nach 15jährigem Stillstand in der Gehaltsentwicklung. Dass kein Beschäftigter des Schwertbads weniger verdienen sollte als vorher, war einhellige Meinung der Tarifparteien.

Allerdings sollten, so der katholische Arbeitgeber, die Mitarbeiter der ehemaligen Rheumaklinik, denen der Tarifvertrag des öffentlichen Dienst schon immer im Arbeitsvertrag festgeschrieben war, auf erhebliche Bestandteile ihrer Vergütung verzichten. Unter anderem sollte Ihnen das Weihnachtsgeld und die Teilhabe an der weiteren Lohnentwicklung des Tarifvertrages gestrichen werden.

Sollte so der Betrag von ca. 300.000,-€ nicht als Einsparung zur Errichtung des Neubaus zustande kommen, gäbe es nur einen einzigen „Plan B“, ließ der katholische Arbeitgeber verkünden: „Schließung der Einrichtung“. Die Betroffenen Beschäftigten mussten nach Fristverlängerung bis Donnerstag, den 5.Juni ihre Verzichtserklärungen unterschreiben, der Stiftungsvorstand würde sonst die Schließung des Aachener Traditionsbads besiegeln.Seitdem warten die Beschäftigten darauf, dass die Verantwortlichen sich äußern – niemand von der katholischen Marienhausstiftung stellt sich den Ängsten der Beschäftigten. Hoffen und Bangen um den Arbeitsplatz und die eigene wirtschaftliche Existenz begleiten seit Wochen den Alltag von über 250 Beschäftigten.

Allein dieses Verhalten lässt die Frage zu, ob dies eines katholischen Arbeitgeber würdig ist, aber man darf sich auch grundsätzlich fragen, ob dieser katholische Träger nicht die Berechtigung, das Kreuz als Symbol der katholischen Christen in seinem Namen zu tragen, verloren hat!

Denn an die Vorschriften, welche die Kirche sich selber auferlegt hat in Bezug auf eine gerechte Bezahlung der Beschäftigten heißt es im Codex Iuris Cononici, dem Gesetzbuch mit Geltung für die lateinische Kirche, in c.231, §2:

„... haben sie (die Beschäftigten) das Recht auf eine angemessene Vergütung, die ihrer Stellung entspricht und mit der sie, auch unter Beachtung des weltlichen Rechts, für die eigenen Erfordernisse und für die ihrer Familie in geziemender Weise sorgen können; ebenso steht ihnen das ‚Recht zu, dass für ihre soziale Vorsorge und Sicherheit sowie ihre Gesundheitsfürsorge, wie man sagt, gebührend vorgesehen wird.“

Aber eben das gilt nicht für alle katholischen Einrichtungen! Hier darf man die Moral anscheinend auch mal outsourcen.

Und die Moral outsourcen darf eine katholische Stiftung, ohne dass ein katholischer Bischof, in dessen Bistum die katholische Stiftung über 250 Menschen beschäftigt, dazu klar und deutlich Stellung bezieht!?

Als moralische Instanz des Bistums Aachen darf der Bischof nicht schweigen, wenn über 250 Arbeitsplätze den Wirtschaftsinteressen des größten katholischen Konzerns in Deutschland geopfert werden sollen.

Fordern Sie Ihren Bischof auf, auch zum Verhalten eines katholischen Unternehmen Stellung zu beziehen!

Harald Meyer ver.di-Gewerkschaftssekretär im Fachbereich für Gesundheit, soziale Dienste, Wohlfahrt und Kirchen

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