UmFAIRteilen jetzt - Einheitlicher Tarifvertrag Soziale Dienste ist machbar
Vorbemerkung
In der Bundesrepublik Deutschland arbeiten etwa 1,5 Millionen Menschen in Einrichtungen der Wohlfahrtsverbände. (AWO, Caritas, Diakonie, DRK, Der Paritätische)
Über 60% der Beschäftigten arbeiten in den Unternehmen der Diakonie und Caritas. Die Finanzierung dieser Unternehmen findet weit überwiegend durch öffentliche Mittel statt.
Seit Abschaffung des Kostendeckungsprinzips und der Öffnung sozialer Arbeit für private Träger Mitte der neunziger Jahre, haben wir es in der Sozialbranche mit einem scharfen Wettbewerb zu tun, der maßgeblich über die Lohnkosten ausgetragen wird.
Die kirchlichen Träger nutzen hierbei ihren Sonderstatus und legen autonom die Verhandlungs- und Zutrittsbedingungen unter denen Lohnverhandlungen geführt werden, fest. Dabei werden viele geltende Standards des weltlichen Arbeitsrechts missachtet.
Die allgemeine krisenhafte Entwicklung der Finanzierung sozialstaatlicher Leistungen wird sich in den nächsten Jahren erheblich verschärfen. (Schuldenbremse, Fiskalpakt) Absehbar werden sich vor diesem Hintergrund weiter die Arbeits-und Entgeltbedingungen negativ entwickeln. Dies ist ein betriebswirtschaftlich, zwangsläufiger Prozess, da über 60 % der Kosten eines Sozialunternehmens Lohnkosten sind.
ver.di ruft deshalb die Arbeitgeber in den Wohlfahrtsverbänden auf, über eine gemeinsame Wettbewerbsordnung zu verhandeln um weitere Absenkungsprozesse auf betrieblicher und Unternehmensebene zu verhindern. Ziel ist ein einheitliches Branchenniveau sicherzustellen. Wir meinen deshalb, ein Tarifvertrag Soziale Dienste ist machbar!
1. Alle Träger sozialer Arbeit müssen gemeinsam mit den Gewerkschaften für gute Bedingungen für die Beschäftigten und Hilfebedürftigen eintreten.
2. Um den politischen Einfluss zu erhöhen sind umgehend Gespräche über die Möglichkeiten eines Tarifvertrages Soziale Dienste aufzunehmen.
3. Der Wettbewerb um die Senkung von Personalkosten kann durch einen Tarifvertrag Soziale Dienste eingedämmt werden. Private renditeorientierte Anbieter werden mit ihren Lohndumpingstrategien ausgebremst.
4. Langjährige Auseinandersetzungen über Haustarifverträge, regionale Tarifverträge werden vermieden.
5. Innere Erosionen verbandlicher Strukturen werden aufgehalten.
6. Unter den gegenwärtigen Bedingungen bietet ein Flächentarifvertrag Soziale Dienste die Chance als allgemeinverbindlich erklärt zu werden.
7. Voraussetzung für die Allgemeinverbindlichkeit ist der Nachweis einer tarifvertraglichen Bindung von mindestens 50% im Geltungsbereich tarifvertraglich gebundener Arbeitgeber.
8. Die Verhandlungen über Tarifverträge in der Diakonie und Caritas könnten auf Grundlage geltender kirchlicher Regelungen sofort beginnen um das 50% Quorum zu erreichen. Nur so wird eine weitere Erosion tariflicher und arbeitsrechtlicher Regelungen aufgehalten.
9. Ein Tarifvertrag Soziale Dienste löst nicht alle Probleme der Finanzierung sozialer Dienstleistungen. Er wäre aber ein substantieller Beitrag, die Prekarisierung sozialer Arbeit zu stoppen und die tarifpolitische Anarchie der letzten Jahre zu korrigieren.
10. Das Selbstverwaltungs- und Selbstordnungsrecht der Kirchen und gewerkschaftliche Grundrechte sind miteinander vereinbar. Der gemeinsame Einsatz für soziale Gerechtigkeit, für eine auskömmliche Finanzierung solidarischer Sicherungssysteme kann nur gemeinsam erreicht werden, erste zaghafte Bemühungen sind festzustellen. Wir erwarten von den Kirchen, dass sie in den von ihnen verantworteten Unternehmen nicht die Gewerkschaften schwächen, sondern die solidarische Gegenmacht der abhängig Beschäftigten stärkt. Die Kirchen sind bis heute deshalb mitverantwortlich für miserable Arbeitsverhältnisse und Niedriglöhne, weil besonders ihre Unternehmensmanager den Leitbildern und Denkfiguren neoliberaler Wirtschaftpolitik nacheifern.
Diakonie und Caritas sind aufgefordert ein Denk- und Richtungswechsel vorzunehmen für soziale Gerechtigkeit und damit für eine gute Finanzierung sozialer Arbeit in der Diakonie und Caritas.
Für Rückfragen: berno.schuckart-witsch at verdi.de
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2012-11_Fakten zu einem TV Soziales.pdf | 169.63 KB |