Lohndumping bei Caritas und Co. - Beispiel Deutscher Orden
Beispiel Deutscher Orden
Bundesweit unterhält der Deutsche Orden (DO), ein katholischer Ritterorden, der seine Wurzeln bis in die Kreuzritterzeit zurückführt, nach eigenen Angaben über 70 Einrichtungen mit etwa 2500 Mitarbeiter/innen in der Altenpflege, Sucht- und Behindertenhilfe.
Die Geschäftspraktiken des Sozialkonzerns sind mittlerweile selbst innerhalb der katholischen Kirche umstritten. Zwar hat der Orden sich bereits 1998 zur Grundordnung für den kirchlichen Dienst bekannt und per Dekret zugesichert, das kirchliche Tarifrecht anzuwenden, dennoch schließt er einen nicht unerheblichen Teil seiner Belegschaft davon aus. Als der Orden die Vollmitgliedschaft im Deutschen Caritasverband (DCV) zum 1.1.2012 beantragte, gab die Caritas dem Anliegen zwar statt, machte jedoch zugleich das jahrelange Unterlaufen der kirchenüblichen Tarife durch den Orden öffentlich. Laut Presseerklärung des DCV entlohnt der Sozialkonzern rund zehn Prozent seiner Mitarbeiter/innen unterhalb des AVR-Tarifes „Dem DCV ist bekannt, dass zum jetzigen Zeitpunkt 90 Prozent der Mitarbeitenden des DO nach AVR vergütet werden“, heißt es dazu in der Presseerklärung des DCV.
Gegen dieses Lohndumping hatte im vergangenen Jahr eine MAV in Freiburg vor dem kirchlichen Arbeitsgericht erfolgreich geklagt. In dem konkreten Fall ging es um die Entlohnung von Mitarbeiter/innen in dem Altenpflegeheim Katharinenstift Freiburg. Das Gericht verpflichtete den Deutschen Orden, seine Beschäftigten ordnungsgemäß entsprechend den AVR-Eingruppierungsregelungen zu entlohnen. Dem kam der Orden nicht nach. Daraufhin wurde vom Gericht ein Bußgeld von 2.500 Euro festgesetzt. Der Orden zahlte letztlich – und weicht bis heute nicht von seinen Lohnpraktiken ab.
Der Deutsche Caritasverband hat dem Deutschen Orden eine Übergangsfrist von fünf Jahren eingeräumt, innerhalb derer er seine Mitarbeiter/innen auf den kirchlichen Tarif hochstufen muss. „Es ist etwas seltsam, was da abgeht“, sagt Peter Weidenbach, ehemaliges Mitglied der Arbeitsrechtlichen Kommission der Caritas, „selbst in Kirchenkreisen führt die Sonderbehandlung des Deutschen Ordens inzwischen zu Unmut.“
Wegen dieser ungewöhnlichen Vereinbarung zwischen dem DCV und dem DO hat die Mitarbeiterseite der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes bereits am 1.1.12 beim Kirchlichen Arbeitsgericht in Freiburg Klage gegen den Deutschen Caritasverband eingereicht. „Wir sehen unsere Rechte verletzt, da für Ausnahmen von den AVR ausschließlich die AK zuständig ist”, sagt Thomas Schwendele, Mitglied der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes und Pressesprecher der Mitarbeiterseite. In einem Offenen Brief an den Prior des Deutschen Ordens, Pater Norbert Thüx, formuliert die Mitarbeiterseite ihr “Befremden” hinsichtlich der Sonderbehandlung des DO und mahnt den Orden, die AVR einzuhalten. Die Kritik im Einzelnen:
“1. Abweichungen von den Arbeitsvertragsrichtlinien des Deutschen Caritasverbandes (AVR) sind nur durch Beschlüsse der Arbeitsrechtlichen Kommission des Deutschen Caritasverbandes (AK) bzw. einer ihrer Unterkommissionen möglich.
2. Den Deutschen Orden für fünf Jahre trotz Mitgliedschaft im DCV von der vollständigen Anwendung der AVR freizustellen, steht dem Vorstand des DCV arbeitsrechtlich nicht zu.
3. Wir erwarten, dass in den Einrichtungen des Deutschen Ordens ab dem 01.01.2012 die AVR vollumfänglich angewandt werden.
4. Dort, wo dies aus wirtschaftlichen Gründen nicht möglich ist, haben die Einrichtungen das Recht, einen Antrag gemäß § 11 AK-Ordnung an die zuständige Regionalkommission der AK zu stellen.”
Erst im vergangenen Jahr hatte die Deutsche Bischofskonferenz beschlossen, dass bis 2013 alle katholischen Einrichtungen die Grundordnung für den kirchlichen Dienst anerkennen müssen, ansonsten unterstünden sie nicht mehr dem Schutz des Artikel 140 Grundgesetz. Weidenbach kann nicht verstehen, warum dem Deutschen Orden – entgegen sämtlicher Vereinbarungen und Selbstverpflichtungen – noch einmal fünf Jahre Dispenz eingeräumt wurden, immerhin hatte er sich bereits vor dreizehn Jahren zur AVR bekannt. „Die Diakonie sondert seit Magdeburg die schwarzen Schafe unter ihren Arbeitgebern aus – wieso kommt es da nicht endlich auch bei den katholischen Einrichtungen zum Schwur?“, fragt Weidenbach.
Uta von Schrenk